Ferdy Kübler, der «Adler aus Adliswil» ist tot. Er war der populärste Schweizer Sportler des letzten Jahrhunderts. Ein Grund für diese Popularität war wohl auch die romantische Sicht auf eine abenteuerliche Zeit.
Das Rad. Es wurde rund 3500 Jahre vor Christus erfunden. Es gilt als eine der wichtigsten Errungenschaften der Menschheit. Weil es das Leben erleichtert hat. Und weil es immer rollt.
Jetzt steht das Rad für einen Moment still. Ferdy Kübler ist tot. Der Mann mit dem Velo und mit der grossen Nase. Der «Adler aus Adliswil». Das Rad hat aus einem mausarmen Bauernknechtli einen Millionär gemacht. Eine Ikone des Schweizer Sports.
Ja, Ferdy Kübler war mehr als ein Sportstar. Er war ein Mythos. Generationenübergreifend. Der Grossvater hat dem Vater von den Heldentaten Küblers berichtet. Der Vater hat die Geschichten dem Sohn überliefert. So, wie das in ferner Zukunft einmal bei Roger Federer, dem Schweizer Sportler dieses Jahrhunderts, der Fall sein wird.
Warum diese Popularität von Ferdy National? Mit ein Grund ist wohl die romantische Sicht auf eine abenteuerliche Zeit. Damals, als sich die Veloprofis bei Pannen noch den umgeschnallten Ersatzreifen vom Leib gerissen und am staubigen Strassenrand die Panne selber behoben haben. Als sie sich mit Weisswein, Eiern und allerlei Chemikalien noch die eigenen Cocktails gemixt haben. Tom Simpson fiel am
Mont Ventoux tot vom Rad.
Ferdy Kübler schaffte es, auch weit über seine Aktivzeit hinaus, enorme Popularität zu geniessen. Er war der fleissige Schaffer, der sparsame Büezer, der sich alles erarbeitet hat. Er war kein Schillerfalter wie Hugo Koblet, der Pédaleur de charme, dem das Talent in die Wiege gelegt wurde.
Dieser Lebemann, dieser Frauenschwarm, der das Geld mit vollen Händen ausgegeben hat. Und mit seinem Sportwagen in einen Baum gerast ist.
Die Biografie Küblers passt vielleicht etwas besser zur Schweiz. Zu unserem strebsamen und fleissigen Volk, das zu viel Glitzer und Glamour noch immer kritisch begegnet.
Die Geschichte von Kübler ist auch die Geschichte vieler Menschen in diesem Land.
Der Schweizer Sport verliert mit Ferdy Kübler den grössten Star des letzten Jahrhunderts. Der ewige Ferdy ist nicht mehr.
2016 war ein ereignisreiches Sportjahr. Mit vielen Höhepunkten, aber auch vielen traurigen Geschichten. Und es ist ein Jahr der schmerzlichen Verluste. Nicht nur Showgrössen wie David Bowie, Prince, Leonard Cohen oder George Michael sind nicht mehr.
2016 haben wir auch ganz grosse Sportler verloren. Muhammad Ali, den Grössten aller Zeiten, der den Profisport überhaupt «erfunden» hat. Und Johan Cruyff, der den Fussball revolutioniert hat. Jetzt Ferdy
National, dem ewiges Leben vergönnt schien. Mit 97 Jahren hat nun auch ihn die Endlichkeit eingeholt.
Es ist das traurige Ende eines grossen Sportjahres.