Novak Djokovic will zurück auf den Tennis-Thron. Ungeschlagen steht er in London im Halbfinal. Aber der Serbe scheint nicht mehr derselbe zu sein.
Obwohl er bei den World Tour Finals in London in den Halbfinals steht, hinterlässt Novak Djokovic (29) einen zerrissenen Eindruck. Er legt sich mit dem Schiedsrichter an, mit dem Publikum, den Journalisten und schmettert aus Frust auch mal einen Ball in die Richtung seiner Box, wo Boris Becker und Marian Vajda sitzen. Hätte er jemanden getroffen, er hätte disqualifiziert werden müssen. «Habe ich aber nicht, es hätte auch schneien können», reagiert er auf Fragen danach dünnhäutig.
Er sei nicht der einzige Spieler, der seinen Frust zeige und es sei auch nicht das erste Mal. Was stimmt. Allerdings steht das in krassem Gegensatz zu dem, was er predigt, der ebenfalls im Publikum sitzt: Pepe Imaz, Tennis-Guru aus Spanien. Seine Lektionen an der Tennis-Akademie in Marbella beginnen so: die Teilnehmer kuscheln mit zwei Plüschbären – einer heisst Amor, der andere Paz – Liebe und Frieden also. Es sind seine wichtigsten Botschaften.
Aber nicht die einzigen. So spricht er auch von den Illuminati. Und erzählt in seinem Buch «The Great Truth» von einem Nahtoderlebnis, das ihn auf den Pfad von Liebe und Frieden geführt hätten. Eine libanesische Frau namens Siham habe zu ihm gesagt: «Ich sehe deinen Schmerz und dein Leid. Ich werde dich davon befreien.» Die Frage nach dem Wie bleibt unbeantwortet. Sich selber sieht Imaz als «göttliches Wesen aus Licht und Liebe».
Selber schaffte er es auf Rang 146 der Weltrangliste, musste aber schon mit 23 Jahren aufhören. Unter anderem, weil er an Bulimie litt. «Pepe ist ein lieber Kerl, aber seine Methoden sind klar von seinen persönlichen Problemen beeinflusst», zitiert die «Sun» einen Freund. «Pepe ist kein Guru, aber ich möchte keine Details nennen», sagt Djokovic. Aufnahmen, die den 42-Jährigen bei spirituellen Sitzungen zeigen, zeichnen ein ganz anderes Bild.
Aufnahmen auch, die den Serben, den besten Tennis-Spieler der letzten Jahre, zeigen. «Wir sind alle auf der Suche nach Liebe, Glück und Harmonie. Um Liebe und Glück zu finden, müssen wir in der Lage sein, in uns zu kehren und diese Verbindungen mit einem göttlichen Licht zu etablieren», sagt Djokovic im Sommer auf einer Bühne. Er klingt dabei nicht wie die Marionette eines Sektenführers – sondern selber ein wenig wie ein Guru.