Heute muss Giulia Steingruber an den Olympischen Spielen in der Mehrkampf-Quali ran. Verfolgen Sie die Entscheidung auf BLICK ab 16.30 Uhr live im Ticker und Stream!
Giulia, welche Gefühle begleiteten Sie als Schweizer Fahnenträgerin?
Giulia Steingruber: Ich kann diese Gefühle gar nicht richtig beschreiben. Es war unglaublich, als wir ins Stadion eingelaufen sind! Es war eine megagrosse Ehre für mich und hat mich auch stolz gemacht.
War es vergleichbar mit Gefühlen nach einemgelungenen Wettkampf?
Es waren sehr viele Emotionen dabei, das Gefühl war ganz anders als nach einem Wettkampf. Auch die Nervosität war anders. Es war einfach ein wunderschönes Gefühl.
Sie sind ja nicht zum ersten Mal in Rio. Waren Sie auch schon an der Copacabana?
Unser Team hat dort einen kurzen Stopp gemacht beim Durchfahren. Es hatte enorm viele Leute, und die waren sehr offen und freundlich, aber sonst sah es eigentlich wie ein normaler Strand aus. Ich gehe sehr gerne an Strände – die Meeresluft tut mir immer gut.
Waren Sie auch schon in einem Samba-Club?
Nein, aber nach dem Wettkampf beim Test-Event im April gingen wir aus, und dann sahen wir einem brasilianischen Paar beim Tanzen zu. Das war schon beeindruckend und sah toll aus. Aber ich kann das nicht.
Gar nicht?
Also ich habe es noch nie probiert.
Sind Sie also eher der Ich-steh-am-Rand-und-beobachte-die-anderen-Typ?
(lacht) Nein, nein. Im Ausgang gehe ich sicher auch mal tänzeln.
Haben Sie einen echten brasilianischen Caipirinha probiert?
Nein, das muss ich noch. Aber erst nach den Wettkämpfen.
Diese stehen jetzt natürlich im Vordergrund. Wie fühlen Sie sich vor der Qualifikation?
Mir geht es sehr gut. Ich habe das Gefühl, gut vorbereitet zu sein. Die letzten Tage vor dem Wettkampf habe ich immer ein paar Zweifel, aber das Vertrauen ist da.
Was haben Sie sich für Ziele gesetzt?
Ich möchte zuerst eine gute Qualifikation machen. Das Ziel sind drei Finalteilnahmen: im Mehrkampf, am Boden und im Sprung. In den Finals kann dann immer alles passieren. Und ich möchte am Ende einfach sagen können: Ich habe einen fehlerfreien Wettkampf gezeigt.
Wie sieht es aus mit ihrem neuen Sprung? Sie haben ihn noch an keinem Wettkampf gezeigt.
In der Quali mache ich sicher noch meine beide alten Sprünge (Jurtschenko und Tschussowitina, Anm. d. Red.). Danach schaue ich Tag für Tag. Vielleicht packe ihn ihn im Final aus – aber es muss wirklich alles zusammen passen.
Das wäre dann aber die Variante Alles oder Nichts.
Definitiv. Aber wenn ich mich nicht wohl fühle, dann ist das Verletzungsrisiko zu gross. Ich muss voll bereit sein. Dann kann ich auch mit Überzeugung reingehen. Sonst ist es zu gefährlich.
Wann entscheiden Sie, ob Sie ihn zeigen? Beim Frühstück?
(lacht). Nein, beim Einwärmen.
Rio schreibt vor den Spielen aber auch viele negative Schlagzeilen. Das Zika-Virus sorgt für Absagen von Athleten. Das Land hat grosse Finanzprobleme. Und Ex-Fussball-Star Rivaldo teilt der ganzen Welt mit: «Kommen Sie nicht nach Rio! Ihr Leben ist hier in Gefahr.»
Haben Sie von der Kriminalität in Rio etwas mitbekommen?
Nein, nicht wirklich. Wir waren auch in einem etwas besseren Viertel, in Barra. Wir haben von der Kriminalität gehört. Aber wir dürfen uns da nicht zu viele Gedanken machen, weil wir es ja nicht ändern können.
Es gibt ein Bild der Polizei, die Touristen am Flughafen mit einem «Willkommen in der Hölle»-Transparent empfangen hat.
Echt? Das habe ich nicht gesehen. Ich würde einfach nicht mit zu viel Bargeld oder grossen Klunkern herumlaufen. Und lasse den Schmuck einfach zu Hause. Es ist sicherlich auch nicht von Vorteil, nachts um 22 Uhr alleine herumzulaufen.
Und dann ist da noch das Zika-Virus.
In jedem Land kannst du irgendeine Krankheit auflesen. Es ist, blöd gesagt, einfach Pech, wenn es dich erwischt. Es liegt an uns, die getroffenen Vorsorgen richtig umzusetzen.
Rio ist nur eine von vielen Destinationen, die Sie als Turnerin besucht haben. Sie waren schon in Aserbaidschan, China, Südafrika, Katar oder Mexico. Reisen Sie gerne?
Ja, sehr. Ich möchte auch unbedingt nach meiner Karriere viel reisen, damit ich noch ein paar andere Orte sehen kann. Im Moment sehen wir halt vor allem die Turnhallen. Zum Glück ist unser Trainer (Zoltan Jordanov, Anm. d. Red.) aber sehr kulturinteressiert. So können wir auch Ausflüge unternehmen.
Sind Ihre Freunde neidisch, dass Sie in Ihrem jungen Alter so viel um die Welt reisen?
Ich weiss nicht, ob sie mich beneiden. Sie erleben dafür andere Sachen, die ich noch nicht machen kann.
Dann beneiden Sie Ihre Freunde? In Ihrem Alter geniessen viele das Studentenleben.
Es gibt sicher Tage, an denen ich denke: Wäre schon mal cool, auch so zu leben. Aber ich möchte mein Leben nicht eintauschen.
Sie haben also nicht das Gefühl, etwas zu verpassen?
Nein, überhaupt nicht.Ausserdem kann ich ja nach den Wettkämpfen auch mal ausgehen. Nur wenn ich alleine unterwegs bin, fehlen halt manchmal ein bisschen die sozialen Kontakte. Aber oft sind wir ja mit anderen Turnerinnen unterwegs – und wir haben es alle super miteinander.
Das macht es sicher einfacher.
Ja, und wenn ich dann zurückkomme, muss ich mich einfach bei meinen Kollegen melden,weil die meinen Zeitplan nicht kennen. Und die richtigen Freunde nehmen dich dann auch wieder auf. l
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