Tennis-Legende Mats Wilander zerlegt das Spiel von Andy Murray und vergleicht ihn mit einem wilden Tier. Heute trifft er auf Titelverteidiger Stan Wawrinka.
Er flucht, er schimpft, er zieht Grimassen. Auf dem Tennis-Platz ist Andy Murray (29) ein Nervenbündel. Ex-Trainerin Amélie Mauresmo, von der sich der Schotte vor den French Open trennte, konnte damit zunehmend schlechter umgehen. Erst setzte sie sich nicht mehr in dessen Box, dann warf sie das Handtuch. Sie hatte das Gefühl, Murray nicht mehr helfen zu können und die Emotionalität sei ein Hinderniss für sportlichen Erfolg.
Tennis-Legende Mats Wilander beschreibt das in einer Kolumne in der französischen Sportbibel «L'Equipe» so: «Ein Psychiater würde sagen, er sei nahe der Schizophrenie.» Und Murray sei nahe an einem «wilden Tier». Sein Tennis besitze «manisch-depressive Ansätze», urteilt Wilander über Murray. Es gelinge ihm, seinen Gegner nach unten zu ziehen. Aber wenn er dann eine Chance sehe, schlage er eiskalt zu. «Und dann siehst du ihn nicht mehr.»
An der Frage, ob die Emotionen auf dem Platz seinem Spiel helfen oder vielmehr Grund dafür sind, dass er «nur» zwei Grand-Slam-Turniere gewonnen hat, entzünden sich im Königreich seit Jahren heisse Diskussionen. Bei den French Open steht Murray bereits zum vierten Mal in den Halbfinals. Er hat in Rom gewonnen, stand in Madrid im Final und hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Sandspezialisten entwickelt.
Klar, sagt Murray, der vom Regen-Chaos wie Stan Wawrinka verschont blieb, dass er sich den Turniersieg zutraut. «Ich bin nicht hier, um den Final zu erreichen, sondern um den Titel zu gewinnen. Es fehlen zwei Siege und ich fühl mich dazu in der Lage.» Sein Gegner aber ist Stan Wawrinka, der Titelverteidiger. Zwar führt Murray im Direktvergleich 7:6, doch Wawrinka hat die letzten drei Duelle allesamt gewonnen.
Obwohl der Romand in Paris noch nicht seine Bestform gefunden hat, hat er sich bis auf die Zitterpartie in der Startrunde keine Blösse gegeben. Er wirkt entspannter denn je und strotzt vor Selbstbewusstsein. Wenn er auf den Platz tritt, wird aus dem Romand der Marathon-Stan, das Stanimal, das seinen Gegnern die Bälle mit der Rückhand um die Ohren schlägt. Der Halbfinal zwischen Wawrinka und Murray – er hat etwas Animalisches.