Beide haben sie Wurzeln in Afrika. Beide sind sie Shootingstars. Und doch leben sie in verschiedenen Welten. Ein Gespräch über Eifersucht, Geld, gemeinsame Trainings und ihre Hoffnungen 2016.
BLICK: Kennen Sie sich überhaupt?
Mujinga Kambundji: (lacht) Wir haben uns kurz vor dem Gespräch erstmals einander vorgestellt. Jetzt kennen wir uns ...
Breel Embolo: (auch er lacht verlegen) Ja ... seit ungefähr zwei Minuten kennen wir uns.
Dabei leisten Sie beide in Ihrer Sportart Aussergewöhnliches. Nimmt man die Leistungen des anderen denn überhaupt nicht wahr?
Embolo: Ladies first ...
Kambundji: Ich wusste, wer er ist. Getroffen habe ich ihn bis jetzt aber noch nie. Leider.
Trotz des ganzen Hypes, für den der junge Herr sorgt.
Kambundji: Auch wenn man es nicht bewusst verfolgt, bekommt man es natürlich mit, dass er die ganze Zeit in den Medien präsent ist. Und überall gefragt ist.
Hatten Sie auch schon mal Mitleid mit ihm, dass er überall ins Rampenlicht gezerrt wird?
Kambundji: Naja, es ist sicher anstrengend, aber dafür darf er als 18-Jähriger schon sehr viele schöne und spannende Dinge erleben.
Und wie empfindet es der Betroffene selbst? Wünscht man sich manchmal etwas mehr Ruhe?
Embolo: (atmet durch) Ja, schon ... Am liebsten habe ich es schon eher ruhiger. Ich bin eigentlich ein ganz ruhiger Typ. Früher war ich sehr verschlossen. Ich musste lernen, mich zu überwinden. Ich musste lernen, mit dem plötzlichen Rummel und Hype um meine Person klarzukommen.
Sind Sie manchmal eifersüchtig auf Kambundji, die ihrem Sport etwas mehr in Ruhe nachgehen kann?
Embolo: (lacht) Etwas eifersüchtig? Ich bin total eifersüchtig auf sie! Manchmal hätte ich es gerne etwas ruhiger, aber das gehört dazu.
Kein Rummel – und das obwohl sie die schnellste Schweizerin über 100 und 200 Meter ist. Könnten Sie mit ihren 11,07 Sekunden über 100 Meter eigentlich mithalten?
Embolo: Das wüsste ich jetzt nicht. Ich sage jetzt einfach mal Nein ...
Kambundji: (lacht) Ich glaube schon.
Embolo: Sie wäre aber eine schnelle Fussballspielerin. Das könnten wir beim FCB gebrauchen.
Ist das eine Einladung für ein Probetraining beim FCB?
Embolo: Absolut. Sie kann sehr gerne kommen. Ich würde ihr sogar die Fussballschuhe organisieren.
Wie steht es denn um Ihre fussballerischen Fähigkeiten, Frau Kambundji?
Kambundji: Naja, sehr gut bin ich jetzt nicht, aber gegen den Ball treten könnte ich, glaube ich, schon. Ich wäre wohl eher für die läuferische Komponente zuständig und würde dem Ball nachrennen.
Herr Embolo, Sie sind jetzt auch nicht gerade langsam auf den Beinen. Haben Sie nie an eine Sprinterkarriere gedacht?
Embolo: Ich habe immer gesagt, wenn ich eine Leichtathletik-Disziplin ausüben würde, dann wäre das der 100- oder 200-Meter-Sprint. Man muss sich für 11 Sekunden fokussieren, und dann hat man es hinter sich.
Was meint die Expertin? Hätte er die nötigen Veranlagungen zum Sprinter?
Kambundji: (mustert Embolo von oben bis unten, lacht) Doch, ich glaube schon. Wenn ich ihn so betrachte, dann muss ich sagen, Sprinterbeine hätte er.
Embolo: Danke. Danke.
Kambundji: Es sind ja einige Fussballer ziemlich schnell auf den Beinen. Wenn er mich schon zum Probetraining beim FCB einlädt, dann würde ich mich revanchieren und ihm ein Sprinttraining geben.
Mujinga Kambundji, Ihre Familie hat ihre Wurzeln im Kongo. Embolos Familie in Kamerun. Hat dieser Hintergrund einen Einfluss auf Ihre Persönlichkeit, Ihre Leistungen, ist es vielleicht sogar eine Art Erfolgsgeheimnis?
Embolo: Ich glaube, es hilft einem, mit gewissen Situationen vielleicht etwas lockerer und cooler umzugehen. Diesem Mythos, dass es einem bessere Gene beschert, die einen im Sport erfolgreicher machen, glaube ich nicht. Ich muss genauso hart für meinen Erfolg arbeiten und trainieren, wie andere auch.
Kambundji: Da muss ich Breel absolut Recht geben. Er und ich müssen für unsere Erfolge im Training genauso hart arbeiten. Ich habe zwar auch schon von Theorien gehört, dass Dunkelhäutige für den Sport bessere Gene hätten, aber verallgemeinern kann man das wohl nicht.
Und wie sehen Sie das bezüglich der lockeren Art von dunkelhäutigen Athleten?
Kambundji: Das mag sein. Wir sind vielleicht von unserer Herkunft her etwas lockerer.
Hatten Sie je Probleme wegen Ihrer Hautfarbe?
Kambundji: Da kann ich nur für mich sprechen, und da spielt die Hautfarbe keine Rolle. In unserer Familie waren eine gute Erziehung und eine solide Ausbildung immer sehr wichtig. Das haben mir meine Eltern weitergegeben, und das braucht man wohl auch, um ein Vorbild sein zu können. Anstand und Respekt sind keine Frage der Herkunft oder Hautfarbe.
Der junge Herr neben Ihnen gewinnt ja auch durch seine demütige und höfliche Art die Herzen der Nation. Vor kurzem hat er eine Stiftung für Kinder ins Leben gerufen. Mit 18 Jahren. Ist so etwas auch Ihr Ziel?
Kambundji: Ich finde Breels Idee grossartig. Aussergewöhnlich, dass er schon in so jungen Jahren an so etwas denkt und es auch macht. Normalerweise tun das Sportler erst, wenn sie älter sind. Klar würde ich eine ähnliche Aktion auch gerne aufziehen. Aber als Leichtathletin bin ich im Moment froh, überhaupt so viel Geld mit meinem Sport verdienen zu können, dass ich davon leben kann. Da ist der Fussball eben eine andere Welt.
Embolo sagte, dass er Sie um Ihre Ruhe beneidet, mit der Sie Ihrem Sport nachgehen können. Sind Sie umgekehrt auf das viele Geld eifersüchtig, dass ihm bezahlt wird?
Kambundji: Natürlich ist eine finanzielle Sicherheit schön, aber ich habe den Sport nie des Geldes wegen gemacht. Ich bin schon froh, dass ich vom Sport leben darf, und bin entsprechend zufrieden mit dem, was ich habe. Aber ich würde natürlich nicht Nein zu mehr Geld sagen ...
Haben Sie eigentlich manchmal ein schlechtes Gewissen, dass Sie so viel Geld fürs Fussballspielen kassieren?
Embolo: Das ist der Lohn, den wir am Ende des Tages für ein hartes Stück Arbeit und nach vielen Jahren der Aufopferung bekommen. Diese Dimension des Geldes gehört beim Fussball heutzutage halt dazu, und man muss bedenken, dass nicht jeder Fussballer viel Geld verdient. Und von den ganzen Ablösesummen, die da im Zusammenhang mit meiner Person geschrieben werden, von denen weiss ich ja nichts und die kriege ich ja auch nicht (lacht).
Trotzdem dürfte im Sommer 2016 eine solche Monster-Summe für Sie bezahlt werden und der grosse Klubwechsel anstehen. Während im nächsten Sommer für Mujinga die Olympischen Spiele in Rio im Fokus stehen. 2016 dürfte also das Jahr von Ihnen beiden werden!
Kambundji: Natürlich freue ich mich auch auf die EM, doch ein Olympia-Jahr ist immer etwas Spezielles. Aber egal wo ich starte, ich will immer mein Bestes geben und so schnell wie möglich laufen.
Und was wünscht sich ein Breel Embolo nach einem solch erfolgreichen Jahr noch?
Embolo: Ein noch besseres Jahr! Am liebsten hätte ich jetzt den Cupfinal als grosses Ziel genannt, aber das geht ja leider nicht mehr. Am wichtigsten ist mir, dass ich gesund bleibe. Die Gesundheit spielt bei mir eine grosse Rolle. Ich bin mir bewusst, dass ich noch jung bin und am Anfang meiner Karriere stehe. Ich hole mir oft Rat von erfahrenen Spielern und die sagen mir immer, dass es das A und O ist, dass ich gesund bleibe und spiele. Denn wenn ich gesund bin und spiele, dann bin ich lockerer und auch erfolgreicher.
Haben Sie Angst vor den möglichen grossen Veränderungen, die Ihnen bevorstehen könnten?
Embolo: Angst habe ich nicht, ich mache mir auch noch keine grossen Gedanken über diese möglichen Veränderungen. Ein neues Jahr bringt immer neue und viele Überraschungen, das war schon dieses Jahr so und ich hoffe, das wird auch 2016 so sein. Ich freue mich auf dieses neue Jahr.