Geoffrey Bia schiesst Sion in Bern gegen YB zum späten 1:1. Der Jubel ist gross. Doch die Gedanken des Belgiers sind anderswo. In seiner Heimatstadt Brüssel.
Klar sei er froh, getroffen zu haben. Klar sei der Monat, den er verletzungshalber verpasst habe, schwierig gewesen. Klar hätte man in Bern lieber gewonnen. Die Antworten des in der heutigen Demokratischen Republik Kongo geborenen Stürmers auf sportliche Fragen sind wenig spektakulär.
Wie soll es anders sein, wenn einer schweren Gedanken nachhängt? Denn Bia stammt aus Brüssel. Aus dem Stadtteil Molenbeek, der Brutstätte des Paris-Terrors. Jenem Quartier, aus dem Abdelhamid Abaaoud stammt, der mittlerweile in Saint-Denis erschossene Drahtzieher der Paris-Attentate. Und der nach wie vor flüchtige Salah Abdeslam.
Der islamistische Terror ist ganz nah beim Christen Bia und seiner Familie. «Im Schmelztiegel Brüssel treffen viele verschiedene Kulturen aufeinander. Da gibt es halt immer Auseinandersetzungen.» Damit spricht Bia seine nicht immer einfache Jugend an. Wegen Sünden aus dieser Zeit verliert er auch seinen Platz an der Akademie des grossen RSC Anderlecht. Details dazu sind nicht bekannt. Aber es sind kleine Verfehlungen im Vergleich zu jenen seines Cousins Ilombe «Klein Pelé» Mboyo, der nun ebenfalls beim FC Sion unter Vertrag steht, aber dauerverletzt ist. Der war Mitglied einer Gang und landete für drei Jahre im Knast.
Und doch: Was sind schon Raubüberfälle verglichen mit Massenmord? «Es braucht schon sehr viel, dass es so weit kommt», sagt Bia – und wird nachdenklich. «Ich hoffe, die Sicherheitskräfte kriegen das in den Griff.»
Ganz unter Kontrolle haben diese die Lage noch nicht. Auch gestern, nach dem grossen nächtlichen Anti-Terror-Einsatz der Polizei, galt für Brüssel die höchste Terrorwarnstufe. Immerhin wurde am Wochenende in der Jupiler Pro League in sechs Stadien gespielt. Nur die Spiele Lokeren – Anderlecht und Mouscron – Charleroi wurden abgesagt, weil nicht genügend Polizisten hätten abgestellt werden können. «Solche Absagen treffen den Fussball ganz schwer», sagt Bia. «Aber die Sicherheit der Menschen geht über alles.»
Dann schweigt er nochmals – und sagt dann leise: «Wenn solche Dinge vor deiner Haustüre passieren, wenn solche Terrorangriffe vier Kilometer von deinem Geburtsort entfernt ausgeheckt werden – dann macht das einem schon Angst.» Doch Bia ist eine kämpferische Natur. Das Leben hat ihn so erzogen. Gestern tweetete er: «Brüssel, meine Stadt, wir fürchten nichts! Wir sind zusammen. #Friede.»