Vreni Schneider (50) war die letzte Schweizerin, die 1995 den Gesamtweltcup gewann. Lara Gut kann ihre Nachfolgerin werden. «Die Chancen waren noch nie so gross», sagt Schneider.
Manchmal hilft ein Blick ins chinesische Horoskop. 2015 ist das Jahr des Schafes. Eher beschaulich und ruhig. Aber 2016 gehts rund. Dann folgt das Jahr des Affen. «Dieses freche Tier platzt mit Überschwang herein und bringt ein blitzschnelles Tempo und fantastische Motivation», sagt das chinesische Horoskop.
Blitzschnelles Tempo, fantastische Motivation. Attribute, die auf Lara Gut zutreffen. Heute beginnt in Sölden die Saison, im kommenden März findet in St. Moritz das Weltcup-Finale statt. Da, wo der Stern von Gut 2008 aufgegangen ist, kann es zur grossen Krönung kommen. Dann hätten wir im Schweizer Horoskop den «Winter von Lara Gut».
Die letzte Schweizerin, die zur Skikönigin gekrönt wurde, ist Vreni Schneider. Als sie die grosse Kristallkugel erstmals gewann, war sie 25 Jahre alt. So alt, wie Lara im nächsten Frühling wird. Vreni: «Wenn Lara in St. Moritz noch im Rennen um den Gesamtweltcup dabei ist, dann ist das ein riesiger Vorteil. Mit diesem Ort verbindet sie so viele positive Emotionen.»
Überhaupt: Schneider ist überzeugt, dass die Chancen noch nie so gross waren. «Ich will sie nicht unter Druck setzen. Aber für mich ist sie die Favoritin auf den Gewinn der grossen Kugel. Und ich würde es ihr von Herzen gönnen. Sie macht einen sehr lockeren Eindruck, sie hat das Zeug dazu und hätte es verdient.» Schneider weiter: «Aber die Gesundheit muss mitspielen. Ich bin in Méribel einmal mit Fieber gefahren. Bin da im Slalom nur Siebte geworden. Doch es waren am Ende die entscheidenden Punkte. Man muss auch Opfer bringen, wenn man so ein Ziel erreichen will.»
Lara wirkt locker wie nie
Schneider wäre froh, wenn sie als letzte Schweizer Gesamtweltcupsiegerin endlich abgelöst würde. «Es ist höchste Zeit. Und es ist das Grösste, was man als Skifahrerin erreichen kann. Der Gewinn der grossen Kristallkugel hat mich jeweils mehr berührt als ein Olympiasieg.» Vreni gewann die grosse Kugel dreimal.
Wer Lara Gut in diesen Tagen in Sölden beobachtet, der staunt. Sie wirkt tatsächlich locker wie nie. Sie hat toll trainiert, sie ist auf und neben der Piste zur Leaderin gereift, sie hat sich mit Didier Cuche, Daniel Albrecht und Patrice Morisod für alle Bereiche die kompetentesten Fachberater geholt.
Was sagt Lara selber zu ihren Ambitionen? «Ich nehme Rennen für Rennen und mache mir keinen Druck. Der wird schon genug von aussen gemacht.» Auch weil mit Anna Fenninger (verletzt) und Tina Maze (Pause) die beiden Dominatorinnen der letzten Saison fehlen. Nicole Hosp und Kathrin Zettel, die im Gesamtweltcup auch vor ihr lagen, sind zurückgetreten. Als härteste Konkurrentinnen verbleiben die verletzungsanfällig gewordene Lindsey Vonn und Mikaela Shiffrin.
Heute hat Lara Gut bei prächtigen Verhältnissen ihre erste Chance. Der Hang liegt ihr, in Sölden hat sie vor zwei Jahren gewonnen. Hier könnte sie eine erste Duftmarke setzen.
Lara, wenn nicht jetzt, wann dann?