Eine WM und Tschüss. Glen Hanlon (58) im exklusiven Interview über die Gründe, die Schweiz und Stadionbesuche.
BLICK: Am letzten Freitag die Trennung, am Samstag schon zu Hause in Kanada. Haben Sie die Schweiz fluchtartig verlassen?
Glen Hanlon: (lacht) Nein. Dieser Reisetermin stand seit drei Wochen fest, ich wollte eigentlich die NHL-Spieler Luca Sbisa und Sven Bärtschi in Vancouver besuchen, dazu mit einigen Trainern und einem Schweizer Nachwuchsspieler sprechen. Als die Trennung feststand, gab es für mich aber keinen Grund, diesen Termin nicht gleich für die Heimreise zu nutzen.
Hat es Ihnen in der Schweiz nicht gefallen?
Doch natürlich, es wäre aber auch seltsam, wenn es mir in diesem schönen Land nicht gefallen hätte.
Warum sind Sie nicht mehr Nati-Trainer?
Dafür gibt es einige Gründe.
Welche?
Da ist einmal meine familiäre Situation. Ursprünglich war geplant, dass ich auch meine zweite Saison mit Familie in der Schweiz verbringe. Die berufliche Situation meiner Frau hat sich jedoch verändert, weshalb sie in Kanada blieb. Da war bald klar, dass auch mein 13-jähriger Sohn nach Hause wollte. Das wurde schwierig für mich. Dann spürte ich, dass die Atmosphäre zwischen mir und dem Verband irgendwie getrübt war, so waren auch die unterschiedlichen Vorstellungen der Zusammenarbeit ausschlaggebend. Ich hatte plötzlich nicht mehr den Eindruck, dass diese Partnerschaft noch lange gut gehen würde. Plötzlich war mir klar: Was du auch immer tust – es wird nicht genügen.
Waren die Erwartungen zu hoch?
Sagen wir es so: Ich habe es in 30 Jahren in diesem Geschäft noch nie erlebt, dass ich ein Ziel erreiche und trotzdem unter Druck gerate. Es war, als ob andauernd eine dunkle Wolke über uns schwebte. Waren die Erwartungen zu hoch? Als ich hier begann, wurde ich gefragt, ob die Silbermedaille von Stockholm ein Nachteil für mich sei. Ich fragte mich dann, weshalb man so eine Frage stellt. Ein solcher Erfolg kann doch kein Nachteil sein.
Vielleicht dann, wenn man glaubt besser zu sein, als man tatsächlich ist.
Eine Weltmeisterschaft beginnt immer wieder unter anderen Voraussetzungen. Der Spielplan, die Gegner, deine eigene Mannschaft – alles ist anders als im letzten Jahr. Wenn du dann das erste Spiel gegen einen Gegner wie Österreich verlierst, jagst du dem Geschehen plötzlich hinterher, es herrscht ängstliche Nervosität in der Garderobe, nicht die positive Anspannung, die man sich wünscht.
Ihnen wurde Planlosigkeit vorgeworfen.
Ja, das hat ziemlich weh getan. Wir hatten NHL-Spieler dabei, wir hatten Skorer dabei, wir hatten physisch starke Spieler und genug Erfahrung mit dabei, eigentlich waren wir auf alles Mögliche vorbereitet. Das Boxplay hat sehr gut funktioniert, leider das Powerplay nicht, das kann ich auf meine Kappe nehmen, klar. Wir haben insgesamt nicht genug Tore erzielt, aber die Schweiz hat nun mal nicht zwölf Weltklassestürmer wie Kanada oder Schweden.
Es hiess auch, Sie seien während der Saison nicht oft genug in den Stadien gewesen.
Ich habe das auch gehört. Ich verstehe aber nicht, was es bedeuten soll. War ich in einem Ausnahmefall mal nicht in einem Stadion, habe ich andere Aufgaben erledigt. Ich habe trotzdem jedes Spiel gesehen, es gibt ja heute genug Möglichkeiten dazu. Wenn man erwartet hat, dass ich als Dekoration in einem Stadion sitze, hätte man mir das sagen müssen.
Sie haben in Ihrer Amtszeit rund 70 Spieler aufgeboten. Das ist zu viel.
Nein, das ist es nicht. Unter den herrschenden Bedingungen geht das nicht anders. Für einen Termin konnte ich diese Spieler nicht aufbieten, für den nächsten die anderen. Vor fünfzehn Jahren gab es keinen Cup, keine Champions League und nicht 50 Runden. Die Klubs haben ja ganz klar definiert, dass die Topspieler nicht immer zur Verfügung stehen. Wen hätte ich also sonst aufbieten sollen?
Möchten Sie noch etwas sagen?
Ja, ich möchte mich bei den Schweizer Fans für die grossartige Unterstützung in Prag bedanken. Nach dem Turnier hatte ich dank ihnen wirklich den Eindruck, dass wir das Ziel erreicht hatten. Den Spielern und dem Staff möchte ich für den Einsatz und die unvergessliche Zeit danken und ihnen weiterhin viel Erfolg wünschen.